Nach zwei langen Tagen im Dschungel bestiegen wir gestern wieder das Boot flussabwärts und fuhren mit einem trödelnden Busfahrer, der unbedingt eine Essen- und Pinkelpause machen musste, nach Kuala Lumpur. Wir unterhielten uns mit zwei Schwaben aus Herrenberg, die ebenfalls ungefähr den gleichen Weg wie wir gereist waren. Die typische Route: Ostküste hoch, ein paar schöne Inseln besuchen, dann ins Landesinnere, den Taman Negara genießen, und zurück nach Kuala Lumpur oder mit Zwischenstop in den Cameron Highlands – wo es Daniela heute noch hin zog, weil sie zwei Tage mehr Zeit hat als ich.
Es ist dadurch zwar verständlich, aber nicht weniger faszinierend, dass man plötzlich wieder an einem weit entfernten Ort Leute trifft, die man vor ein paar Tagen das letzte Mal gesehen hat. Wie z.B. der zwei Meter große Araber, der wie ein brutaler Türsteher aussah, aber offenbar ein ganz lieber war – immerhin rannte er durch den strömenden Regen, um einen Regenschirm für seine dicht verhüllte Ehefrau zu holen. Wir sahen dieses ungleiche Paar am Strand auf Pulau Perhentian, und ein paar Tage später wieder im schwimmenden Restaurant in Kuala Tahan im Taman Negara. Und selbst vor der Nachbarschaft wird man nicht verschont.
In einer kleinen Stadt an der Ostküste aßen wir zusammen mit einem Mädel aus Bad Säckingen und ihrem holländischen Freund zu Abend. Und die schlagfertige kleine dicke Malaysierin, die mir in Cherating aus Spaß mit Erwürgen und in-den-Fluss-werfen gedroht hatte, hatten wir völlig überraschend auf der Insel wieder getroffen – wieder in einem Restaurant, wo sie mir dieses Mal drohte, statt der lokalen Burger deutsche Männer zu essen. Wahrscheinlich stand sie total auf mich.
Gestern Abend kauften wir ein paar Souvenirs im Central Market Chinatowns, handelten das Zeug auf knapp die Hälfte runter, und fuhren dann mit der Magnetschwebebahn (Monorail) ins Zentrum zu den imposant beleuchteten Petronas Towers, dem Wahrzeichen Kuala Lumpurs, rund 450 Meter hoch – schon lange nicht mehr die höchsten, aber immerhin die höchsten Zwillingstürme der Welt.
Leider konnte ich den perfekten Platz für meine Fotowünsche nicht betreten, weil die tatsächlich nachts den kleinen Park um die Türme herum absperren. Wir kauften uns ein paar uns unbekannte Früchte (Honig-Sternfrucht, Papaya und Guava), setzten uns auf eine kleine Rasenfläche und starrten in die Höhe. Für das höchste Hochhaus, das ich je sah, wirkten die Türme dank der fehlenden Relationen dennoch eher klein auf mich – zumindest hatte ich sie mir größer vorgestellt.
Die Zeit verging recht schnell und so bekamen wir mit, wie Punkt Mitternacht die Lichter ausgeschaltet wurden und die Towers in der Dunkelheit verschwanden. Ein paar Minuten später kam ein Polizist auf seinem Moped vorbei und verscheuchte alle Anwesenden mit der Trillerpfeife. Da die Monorail auch um Elf schon zugemacht hatte (vermutlich um zu verhindern, dass zu viele Malayen bis spätnachts Party machen) und wir zu geizig waren, ein Taxi zu nehmen, gingen wir eben zu Fuß.
Kuala Lumpur, so lebendig es auch ist den Tag hindurch, wirkt nach Mitternacht wie ausgestorben. Nur in ein, zwei Straßen tobte noch das Nachtleben. Viele Autos, Chinesinnen in knappen Miniröcken, Discos und Bars mit bebender Musik. Nachts um Zwei waren wir zurück in unserer fensterlosen Schuhschachtel für 35 Ringgit. Der Betreiber des Hostels hatte uns gleich nach dem Aussteigen aus dem Bus ein sehr professionell gestaltetes Flugblatt in die Hand gedrückt und uns dorthin begleitet. Es ist nicht schlecht, aber ich fand es hier sehr deutlich und faszinierend, was ein guter Fotograf aus einem Ort herausholen kann.
Heute Morgen verabschiedete ich mich von Daniela, die mit dem Bus in die Cameron Highlands aufbrach. Abschiede sind scheiße, vor allem dann, wenn man zwei Wochen lang jede Minute mit dieser Person verbracht hat. Ich fühlte mich leer und allein gelassen, als hätte man etwas aus mir herausgerissen. Eine Zeit lang hatte ich nicht mal mehr sonderliche Lust, die neue Stadt zu erkunden, riss mich aber dann zusammen und wanderte los, bis mir die Füße weh taten – was ziemlich schnell geschah, da die Bahnstationen hier sehr weit auseinander liegen und ich mich natürlich wieder mal verirrt hatte und mir ein redseliger malaysischer Versicherungsvertreter wieder auf den rechten Weg helfen musste.
Dann bestieg ich den KL Tower (ich muss in jeder großen Stadt auf nen Turm hoch) und ärgerte mich über die 38 Ringgit, die ich dafür bezahlen musste. Inbegriffen in diesen waghalsigen Preis waren 300 ml Wasser, der Eintritt ins „Animal Paradise“ (wo Schlangen und Affen in kleinen Glaskästen zur Schau gestellt wurden – ich fand das schrecklich und war schnell wieder raus), eine Eintrittskarte zum F1-Simulator-Fahren (ja super) und noch eine Karte fürs Ponyreiten. Geht’s noch? Ich wollte nur auf den blöden Turm hoch!
Ich kämpfte mich nach Little India durch und aß in einem malaysischen Restaurant, wo ich der einzige westliche Gast war. Es gab ein riesiges Mittagsbuffet, ich hab meinen Teller voll beladen mit allen möglichen bekannten und unbekannten Dingen und nur 6 Ringgit inklusive einem halben Liter Orangensaft für alles bezahlt. Für eine Gruppe malaysischer Mädels in schwarzen Kopftüchern (die allerdings mit irgendwelchen Jungs da waren), war ich so eine Art Attraktion.
Ich weiß gar nicht warum, hier schwirren so viele „Fremde“ rum, aber die Leute finden es anscheinend doch immer wieder toll, mal einen Ausländer zu sehen, der in den einheimischen Restaurants isst. Zwei von denen versuchten offenbar, mit ihren Handys Fotos von mir zu machen, wenn ich weg sah, und eine, die hübscheste (so weit man das bei der Ganzkörperverhüllung sagen konnte) sah mich immer wieder lächelnd an, ab und zu hielt unser Blickkontakt viele Sekunden lang, und ich lächelte zurück und sah wieder weg. Bis sie schließlich mit ihrem Macker verschwand.
Ein heftiger Regenschauer hat mir dann endgültig die Lust geraubt, noch mehr zu sehen. Ich habe das versmogte Stadtleben nun wieder aufgesaugt, mich in das hektische Treiben auf den Märkten geschmissen, hunderte Händler die mich von der Seite anmachten ignoriert.
Ich habe die alten zerfallenen Häuser gesehen, ich habe das moderne KL gesehen, und nun sitze ich im Hostel, warte darauf, bis es Abend wird und spreche mit einem jungen Japaner, der mit seinem Fahrrad und seinem Fußball durch China und ganz Südostasien gefahren ist. Um Mitternacht geht mein Flug zurück ins kalte Deutschland. Die letzten zwei Wochen waren einfach genial, und nun erwartet mich wieder das normale Arbeits- und Single-Leben. Was solls, genau das bin ich ja gewohnt
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